Mensch: Entwicklungslinien im Fernen Osten und in Australien

Mensch: Entwicklungslinien im Fernen Osten und in Australien
Mensch: Entwicklungslinien im Fernen Osten und in Australien
 
Die Frage nach dem Ursprung des modernen Menschen im östlichen Asien gehört zu den zentralen Streitpunkten zwischen den Anhängern einer multiregionalen Evolution und den Vertretern des »Out-of-Africa-Modells«. Ehe wir uns den Argumenten und Gegenargumenten zuwenden, die für die These regionaler Entwicklungen zum modernen Menschen im Fernen Osten vorgebracht werden, wollen wir zunächst auch hier einen Blick auf die Fossilien werfen, die zur Begründung der konträren Hypothesen zur Verfügung stehen.
 
 Archaische und moderne Funde Chinas
 
Obwohl aus China weniger Material bekannt ist als aus Afrika oder Europa, lässt sich doch bei einer Reihe von Funden ein für den archaischen Homo sapiens typisches Mosaik ursprünglicher und fortschrittlicher Merkmale feststellen. Zu ihnen gehört ein Schädel, der 1978 in Flussablagerungen bei Dali in Nordchina entdeckt wurde. Das Alter dieses fast vollständig erhaltenen Schädels wird auf 150 000 bis 200 000 Jahre geschätzt.
 
Mit seinem relativ kleinen Hirnschädelvolumen von 1120 cm3, dem massigen Überaugenwulst und den dicken Schädelwänden erinnert er zum Teil noch an Homo erectus. Zugleich zeigt seine Anatomie deutlich fortschrittlichere Homo-sapiens-Züge, so beispielsweise annähernd senkrecht stehende Seitenwände und eine weniger ausgeprägte postorbitale Einschnürung. Auch das Gesicht weist progressive Merkmale auf. Die weiteren archaischen Homo-sapiens-Funde aus dem nördlichen China sind, mit Ausnahme des bedeutenden Skelettfunds von Jinniushan, äußerst fragmentarisch. So wurde in den 1970er-Jahren eine Reihe hominider Bruchstücke in alten Seeablagerungen bei Xujiayao entdeckt, die zwischen 100 000 und 125 000 Jahren alt sein dürften und von mindestens elf Individuen stammen. Auch diese Fossilien zeigen eine Kombination archaischer und modernerer Merkmale: Einige der Hirnschädelfragmente sind zwar bemerkenswert dickwandig, zeigen aber zugleich ein schwächer gewinkeltes Hinterhaupt mit einem nur geringen Knochenwulst. Dabei könnte die beträchtliche Heterogenität des Materials, etwa bei der Schädelwandstärke, auf deutliche Robustizitätsunterschiede zwischen männlichen und weiblichen Individuen dieser Populationen zurückzuführen sein.
 
Das wahrscheinlich bekannteste Fossil eines archaischen Homo sapiens aus dem übrigen China ist ein Schädeldach, das mit angrenzenden Teilen des Obergesichts 1958 in einer Höhle nahe der Ortschaft Maba in Südchina entdeckt wurde. Bei diesem 120 000 bis 140 000 Jahre alten Fund sind trotz einer gegenüber Homo erectus insgesamt fortschrittlicheren Morphologie noch relativ dicke Schädelwände und ein stark ausgeprägter Überaugenwulst festzustellen, mit dem eine deutliche postorbitale Einschnürung einhergeht. 60 000 bis 80 000 Jahre älter sind ein Oberkieferstück und ein relativ graziles, aber dennoch archaisches Hinterhauptfragment aus Chaoxian in Ostchina sowie ein weiteres Oberkieferbruchstück aus der Changyang-Höhle in Zentralchina.
 
Zusammenfassend bleibt damit festzuhalten, dass sich der morphologisch recht heterogene archaische Homo sapiens nach den gegenwärtig vorliegenden Funden und deren Datierungen in der Zeit von vor rund 280 000 Jahren bis vor 120 000 oder 100 000 Jahren nachweisen lässt. Ob dabei Entwicklungstrends in Richtung der modernen Ostasiaten bestanden, ist kaum festzustellen, da nur wenig gut erhaltenes Material vorhanden ist, das zudem eher aus der frühen Phase der Entwicklung des archaischen Homo sapiens stammt. Überhaupt bleibt weitgehend im Dunkeln, wie diese Linie weitergeführt wurde, denn die zeitlich nachfolgenden Funde sind nur rund 25 000 oder 30 000 Jahre alt und schon vollständig anatomisch modern.
 
Bereits 1933 wurden in der Oberhöhle der Pekingmensch-Fundstelle bei Zhoukoudian die Skelette zweier Frauen und eines Manns ausgegraben. Offenbar hatte die Oberhöhle über längere Zeit vor allem als Grabkammer gedient, denn alle drei sind hier bestattet worden. Bei den menschlichen Überresten fand man viele künstlerisch gestaltete Gegenstände wie durchbohrte Muschelschalen und Zähne, die wahrscheinlich zu einer Kette oder einem Armband aufgereiht worden waren. Diese Grabbeigaben zeugen von dem modernen Verhalten und ästhetischen Empfinden dieser Menschen. Morphologisch unterscheiden sie sich grundsätzlich von den wesentlich älteren archaischen Homo-sapiens-Funden der Region. Wie auch ein weiterer etwa 20 000 bis 30 000 Jahre alter Skelettfund aus Liujiang in Südchina entsprechen sie in ihrer Morphologie noch nicht ganz derjenigen heutiger Chinesen, sondern ähneln eher frühen Modernen aus Europa und Afrika.
 
Die Interpretation der erwähnten archaischen und frühen modernen Fossildokumente könnte durch einen neuen Fund nicht unwesentlich modifiziert werden. Es handelt sich dabei um ein bei Laishui südlich von Peking gefundenes, nahezu vollständiges Skelett, das nach den bisherigen Datierungen wahrscheinlich 30 000 Jahre alt oder ein wenig älter sein dürfte. Auffällig an den im Allgemeinen recht modern erscheinenden Überresten ist die archaisch wirkende wulstartige Überaugenmorphologie. Ob dieser Fund damit die Existenz eines archaischen Homo sapiens noch bis zu dieser späten Zeit — ähnlich wie in Europa — belegt, wird man erst nach genauerer Analyse des Funds und seines Alters sagen können.
 
 Der »Solo-Mensch« Javas
 
Bereits in den frühen 1930er-Jahren wurden bei Ngandong — etwa zehn Kilometer von Trinil entfernt — in einer Terrasse des Flusses Solo die zum Teil gut erhaltenen Hirnschädel von zwölf Individuen sowie einige Beinknochenstücke unter Beteiligung des Paläontologen Ralph von Koenigswald ausgegraben. Die Schädel, wie auch ein morphologisch sehr ähnliches Fossil, das 1988 bei Ngawi, rund zehn Kilometer südlich von Ngandong, zum Vorschein kam, sind in ihrer Gesamtform den javanischen Homo-erectus-Funden von Sangiran auffallend ähnlich, tragen aber auch progressive Züge. So sind der Überaugenwulst sowie die postorbitale Einschnürung reduziert, das Stirnbein ist stärker expandiert und die Seitenwände stehen senkrechter. Auch liegt die Schädelkapazität der Funde von Ngandong mit bis zu 1 250 cm3 über der ihrer Vorläufer.
 
In dieser Kombination ursprünglicher und fortschrittlicher Merkmale bereitet die Klassifikation der Fossilien bis heute Schwierigkeiten. Während sie von einigen Forschern unter Hinweis auf die angedeutete Modernität der Morphologie bereits zum archaischen Homo sapiens gezählt werden, deuten andere sie als Überreste von Vertretern einer hoch entwickelten, späten Form der Art Homo erectus. Da jedoch allgemein von einer Kontinuität zwischen dem javanischen Homo erectus und den Hominiden von Ngandong ausgegangen werden kann und eine sichere Grenzziehung zwischen diesen beiden Paläospezies zudem kaum möglich zu sein scheint, ist die Frage der Zuordnung im Grund von untergeordneter Bedeutung.
 
Nicht nur die Klassifikation, sondern auch die Datierung der Ngandong-Funde ist seit langem unklar und umstritten. So favorisieren einerseits einige Forscher besonders aufgrund faunistischer Analysen ein relativ hohes Alter von mehr als 200 000 Jahren. Anderseits ergaben absolute Datierungen von Tierfossilien, die in den späten 1980er-Jahren mittels der Uran-Zerfallsmethode vorgenommen wurden, ein Alter von nur 80 000 bis 100 000 Jahren, und selbst dieses muss wahrscheinlich nach neuesten Ergebnissen noch weiter nach unten korrigiert werden. So ermittelte 1996 ein Forscherteam um Carl Swisher vom Berkeley Geochronology Center anhand des Schmelzes von Rinderzähnen aus den Schichten der Hominidenfunde lediglich ein Alter von mindestens 30 000, maximal 50 000 Jahren. Zu dem gleichen überraschend jungen Alter gelangten die Forscher auch für die Ablagerungen, aus denen der späte Homo-erectus-Schädel von Sambungmacan stammt. Sollten diese Datierungen auch für die Hominiden beider Fundstellen gelten, so hätten nicht nur in Europa und vielleicht in China, sondern auch auf Java archaische Formen des Homo sapiens oder sogar des späten Homo erectus noch bis vor 30 000 bis 40 000 Jahren existiert, während in Afrika der moderne Mensch schon vor mehr als 100 000 Jahren über den Kontinent verbreitet war.
 
 Die Besiedlung Australiens
 
Anders als die meisten Inseln Indonesiens war Australien auch im Verlauf des Absinkens des Meeresspiegels während der Eiszeiten nie über Landbrücken mit dem asiatischen Festland ver bunden. Selbst zu Zeiten des niedrigsten Wasserstands betrug der Abstand zum Festland noch mindestens neunzig Kilometer. So dürften die ersten Menschen, die diesen seit Jahrmillionen isolierten Kontinent besiedelten, vermutlich auf einfachen Flößen dorthin gelangt, vielleicht abgetrieben worden sein. Als Baumaterial solcher Wasserfahrzeuge standen ihnen Bambusrohr sowie viele Hölzer der tropischen Regenwälder Südostasiens reichlich zur Verfügung. Wer aber waren diese ersten Bewohner des kleinsten Erdteils, und wann waren sie auf den australischen Kontinent gelangt?
 
Auf beide Fragen schien es bis vor kurzem relativ klare Antworten zu geben: Die ersten Siedler waren anatomisch moderne Menschen, und sie erreichten den Kontinent vor rund 50 000 Jahren. Doch neuere Funde vom Keep-River im nördlichen Australien ließen Zweifel an der bisherigen Interpretation aufkommen. So erregte der australische Archäologe Richard Fullagar 1996 mit der Nachricht Aufsehen, Datierungen von Ocker und Steinwerkzeugen von der Jinmium-Fundstelle deuteten darauf hin, dass Menschen bereits vor mindestens 116 000 Jahren in dieser Region gelebt hätten. Neueren Untersuchungsergebnissen zufolge sind jene kulturellen Zeugnisse allerdings lediglich 22 000 Jahre alt, weshalb denn auch die erste Altersbestimmung inzwischen revidiert werden musste. Dennoch ist aufgrund der verschiedenen gegenwärtig vorhandenen Befunde einschließlich der neuesten Datierungen der Ngandong-Hominiden nicht mehr auszuschließen, dass neben anatomisch modernen Menschen auch archaische Gruppen nach Australien gelangt waren, selbst wenn die frühesten zuverlässig datierten Skelettreste, die bislang auf diesem Kontinent nachgewiesen werden konnten, nur rund 30 000 oder 40 000 Jahre alt sind.
 
Bemerkenswerterweise lassen auch die zahlreichen Schädelfunde aus Australien eine ungewöhnlich große Heterogenität erkennen, die von grazil-modernen bis hin zu sehr robusten Individuen mit möglicherweise einigen archaischen Zügen reicht. Sicher ist, dass schon vor 30 000 oder 40 000 Jahren moderne Menschen mit einem relativ grazilen Schädelbau bis nach Südaustralien gelangt waren, wo ihre Überreste aus den Sedimenten des ausgetrockneten Lake Mungo geborgen wurden. Der älteste dieser Funde ist das Skelett eines erwachsenen Manns, der vor seiner Beisetzung mit rotem Ocker bestreut wurde. Dies spricht für komplexe kulturelle Riten der frühen Siedler, ebenso wie das etwa 26 000 Jahre alte Grab einer in der Nähe entdeckten jungen Frau, die nach ihrem Tod zunächst verbrannt wurde, bevor man sie bestattete. Wie ein rund 40 000 Jahre alter Schädel aus der Niah-Höhle auf Borneo unterscheiden sich auch diese Funde morphologisch grundlegend von den archaischen Ngandong-Schädeln und ähneln eher frühen modernen Menschen Europas. Gleiches gilt auch für eine Reihe weiterer, jüngerer Funde, wie etwa den fast vollständigen Schädel von Keilor, der auf rund 13 000 Jahre datiert wird.
 
In Australien sind aber durchaus auch robuste Fossilien gefunden worden, so etwa ein Schädel, der am Ufer der Willandra Lakes, unweit der Lake-Mungo-Fundstelle, entdeckt und unter der Fundnummer »WLH-50« bekannt wurde. Dieser Fund konnte bisher nicht genau datiert werden. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass er jünger ist als die grazilen Überreste vom Lake Mungo. Darüber hinaus sind auch von den ebenfalls jüngeren Fundstellen in Cohuna, Cossack und vom Lake Nitchie recht robuste Schädel bekannt. In seiner Morphologie weist »WLH-50« trotz seiner grundsätzlich modernen Anatomie manche archaisch wirkenden Züge auf. Die Überaugenregion ist recht kräftig entwickelt, die Stirn nach hinten geneigt und das Hinterhaupt auffällig robust. Einige Forscher sehen Ähnlichkeiten mit den Schädeln von Ngandong, andere mit den frühen Modernen aus Skhul und Qafzeh in Israel.
 
Die ganze Problematik der morphologischen Heterogenität des australischen Fundmaterials wird am Beispiel einer etwa 10 000 Jahre alten Serie von Funden aus Kow Swamp deutlich, finden sich doch unter den Überresten von mehr als 40 Individuen, darunter Kinder, Jugendliche und Erwachsene, sowohl recht robuste Schädel mit äußerst kräftigen Brauenbögen, fliehender Stirn und vorspringenden Gesichtern als auch Individuen, die den grazilen Funden ähneln. Die offensichtliche Heterogenität des australischen Fundmaterials stellt die Paläoanthropologen vor Probleme. Denn wie lässt sich die vielfältige Gestalt der Funde erklären? Eine These führt diese auf eine Isolierung der Populationen nach ihrer Einwanderung zurück. Ein anderes Modell erklärt die beobachtete Variabilität damit, dass die Besiedelung des fünften Kontinents in zwei getrennten Einwanderungswellen erfolgt sei. Dabei seien die leichter gebauten Menschen möglicherweise aus Indochina und Neuguinea, die robusteren hingegen aus Java gekommen.
 
Dass archaische Populationen Südostasiens möglicherweise ebenfalls zum Genpool der Australier beigetragen haben könnten, erscheint umso wahrscheinlicher, je mehr sich die neuen Datierungen der Funde von Ngandong bestätigen oder sich doch noch Belege für eine frühere Besiedlung Australiens finden. Entschieden ist bislang noch nichts. So bleibt die Besiedlungsgeschichte des kleinsten Erdteils spannend und dürfte auch noch für so manche Überraschung sorgen.
 
 Kontinuität oder Diskontinuität
 
Obwohl die Fossilien aus dem ostasiatischen und australischen Raum eine große morphologische Kluft zwischen den archaischen und modernen Formen des Homo sapiens erkennen lassen, gehen Befürworter eines multiregionalen Evolutionsmodells davon aus, dass sich die dortigen modernen Menschen aus den regionalen Vorfahren entwickelt haben — das heißt weitgehend unabhängig von den Entwicklungen in Afrika und Europa. Sie stützen ihre Annahme vor allem auf regionale Merkmale, die nach ihrer Auffassung sowohl für Homo erectus als auch für den archaischen und modernen Homo sapiens der betreffenden Regionen als charakteristisch anzusehen sind.
 
So sollen unter anderm schaufelförmige Schneidezähne, eine Kielung in der Scheitelgegend, ein flaches Gesicht, das Fehlen von Weisheitszähnen und ein gerundeter unterer Rand der Augenhöhle von einer kontinuierlichen Entwicklung vom chinesischen Homo erectus bis zum modernen Menschen dieser Region zeugen. Als typische »regionale« Merkmale, die die menschliche Evolution in Südostasien und auf dem australischen Kontinent kennzeichneten, werden insbesondere eine flache Stirn, ein vorspringender Oberkiefer, verhältnismäßig große Backenzähne und nach unten ausgestellte Jochbeine vorgeschlagen.
 
Allerdings steht eine wachsende Zahl von Wissenschaftlern dieser Argumentation äußerst skeptisch gegenüber, denn viele der vorgeschlagenen Merkmalsausprägungen sind nicht auf Ostasien beschränkt. Vielmehr reichen sie bis weit in die Entwicklungsgeschichte des Menschen überhaupt zurück, handelt es sich bei diesen doch um ursprüngliche Züge, wie sie generell bei Homo erectus und späteren Formen festgestellt werden können. So finden sich zum Beispiel alle »regionalen« Merkmale, die die Hominidenfunde aus Ngandong mit »WLH-50« verbinden sollen, auch bei dem äthiopischen Schädel »Omo Kibish 2«. Schaufelförmige Schneidezähne kommen nicht nur bei Homo erectus aus Zhoukoudian, dem archaischen Homo sapiens aus Dali und anderen chinesischen Vertretern vor, sondern ebenfalls beim frühen Homo, Homo erectus sowie archaischen und modernen Homo sapiens aus Afrika. Darüber hinaus sind sie bei Anteneandertalern aus Arago und bei europäischen Neandertalern nachzuweisen, wie auch die Kielung in der Scheitelgegend sowohl in Afrika als auch in Europa weit verbreitet ist.
 
Nun wollen auch die Befürworter der These einer regionalen Evolution des modernen Menschen die Ausprägung der genannten Merkmale nicht allein auf den Fernen Osten beschränkt sehen. Vielmehr gehen sie lediglich davon aus, dass diese in Ostasien beziehungsweise Australien deutlich häufiger verbreitet sind. Neuere Vergleichsstudien konnten jedoch auch diese Annahme nicht bestätigen.
 
So ließen moderne Schädelserien aus Asien, Afrika und Europa für die meisten von dreißig vorgeschlagenen regionalen Merkmalen keine signifikanten regionalen Unterschiede erkennen, oder aber es war eine andere geographische Häufung ihrer Ausbildung festzustellen, als dem multiregionalen Modell zufolge zu erwarten gewesen wäre. Auch fanden sich morphologische Merkmale, die als Charakteristika ostasiatischer oder australischer Menschen angenommen werden, sehr häufig bei den Überresten rund 10 000 Jahre alter Nordafrikaner. Darüber hinaus konnten andere Untersuchungen keine Belege einer besonderen Ähnlichkeit der Homo-erectus-Funde aus Zhoukoudian mit heutigen Chinesen feststellen, und Vergleichbares gilt auch für die angenommene indonesisch-australische Entwicklungslinie.
 
Insgesamt sprechen die Ergebnisse bisheriger Analysen damit gegen regionale Entwicklungen des modernen Menschen im Fernen Osten und in Australien. Wie in Europa dürften auch hier vielmehr massive Einflüsse von außerhalb den Übergang von archaischen zu modernen Formen bewirkt haben.
 
Prof. Dr. Günter Bräuer und Jörg Reincke
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Mensch: »Out of Africa« - der Ursprung des modernen Menschen
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Mensch: Entwicklungslinien in Afrika
 
 
Bräuer, Günter: Die Entstehungsgeschichte des Menschen, in: Brockhaus. Die Bibliothek. Grzimeks Enzyklopädie Säugetiere. Band 2. Leipzig u. a. 1997.
 Bräuer, Günter: Vom Puzzle zum Bild. Fossile Dokumente der Menschwerdung, in: Funkkolleg Der Mensch. Anthropologie heute, herausgegeben vom Deutschen Institut für Fernstudienforschung an der Universität Tübingen. Heft 2. Tübingen 1992.
 
Die ersten Menschen. Ursprünge und Geschichte des Menschen bis 10000 vor Christus, herausgegeben von Göran Burenhult. Aus dem Englischen. Hamburg 1993.
 
Evolution des Menschen, herausgegeben von Bruno Streit. Heidelberg 1995.
 
Evolution des Menschen, Band 2: Die phylogenetische Entwicklung der Hominiden, bearbeitet von Peter Schmid und Elke Rottländer. Tübingen 1989.
 Fagan, Brian M.: Aufbruch aus dem Paradies. Ursprung und frühe Geschichte der Menschen. Aus dem Englischen. München 1991.
 
GEO Wissen, Heft 2/1998: Die Evolution des Menschen. Hamburg 1998.
 Henke, Winfried / Rothe, Hartmut: Paläoanthropologie. Berlin u. a. 1994.
 
Hominid evolution. Past, present and future, herausgegeben von Phillip V. Tobias. Neudruck New York 1988.
 Johanson, Donald / Edey, Maitland: Lucy. Die Anfänge der Menschheit. Aus dem Amerikanischen. Neuausgabe München u. a. 21994.
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 Leakey, Richard: Die ersten Spuren. Über den Ursprung des Menschen. Aus dem Englischen. München 1997.
 Lewin, Roger: Die Herkunft des Menschen. Aus dem Englischen. Heidelberg u. a. 1995.
 Lewin, Roger: Spuren der Menschwerdung. Die Evolution des Homo sapiens. Aus dem Englischen. Heidelberg u. a. 1992.
 Reader, John: Die Jagd nach den ersten Menschen. Eine Geschichte der Paläanthropologie von 1857-1980. Aus dem Englischen. Basel u. a. 1982.
 Schrenk, Friedemann: Die Frühzeit des Menschen. Der Weg zum Homo sapiens. München 1997.
 Tattersall, Ian: Puzzle Menschwerdung. Auf der Spur der menschlichen Evolution. Aus dem Englischen. Heidelberg u. a. 1997.
 
Vom Affen zum Halbgott. Der Weg des Menschen aus der Natur, herausgegeben von Wulf Schiefenhövel u. a. Stuttgart 1994.

Universal-Lexikon. 2012.

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